Seite 1 - Mainzer Neustadt-Anzeiger

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Aus der Neustadt für die Neustadt
20 Jahre Neustadt-Anzeiger

In diesem Jahr feiert nicht nur die Neustadt ihr Jubiläum, sondern auch der Mainzer Neustadt-Anzeiger. Im Dezember vor genau 20 Jahren erschien die erste Ausgabe, mit einem Grußwort des damaligen Sozialdezernenten ‒ Michael Ebling.

(rs/ab/ki) Ein Dienstagabend Anfang 2002, 19 Uhr in der Rhabanusstraße 8 in der Neustadt: In einem Klassenzimmer im Stil der Sechzigerjahre treffen sich acht Menschen und diskutieren sich die Köpfe heiß. Was soll drinstehen im ersten „Neustadt-Anzeiger“? Berichte über die vielzähligen Vereine, Gaststätten, Cafés, Läden, Plätze? Interviews mit bekannten und auch unbekannten Neustädtern? Porträts von Menschen mit außergewöhnlichen Hobbys und Talenten? Auf jeden Fall soll es eine Zeitung werden, die so bunt ist wie die Neustadt selbst. Und sie soll vierteljährlich erscheinen, mit einer Auflage von 6.000 Exemplaren.

Layouterin Regina Gomolzig erinnert sich lebhaft daran, wie es dazu kam, dass sie die Zeitung (bis heute) gestaltet: „Ich lernte zufällig den Vor sitzenden des Gewerbevereins, Günther Eberhardt, kennen, als er den ,Vorläufer‘ des Neustadt-Anzeigers bei sich hatte. Das war das ,Boppstraßen Blättsche‘, hauptsächlich mit Anzeigen von Gewerbetreibenden. Meine ,Berufskrankheit‘ ließ mich das Layout kritisieren, woraufhin er fragte, was ich anders machen würde. Auf einem kleinen Bestellblock habe ich ihm einen Grobentwurf meiner Vorstellung aufgezeichnet. Ich war prompt engagiert.“

Aufbruch
Einen „neuen Weg“ nannte die damalige Quartiermanagerin Nurhayat Canpolat die neue Zeitung in der ersten Ausgabe, die heute vom Gewerbeverein mit Unterstützung durch die Soziale Stadt herausgegeben wird. Aktuelle Themen waren übrigens schon seinerzeit Sperrmüll und Lebensmittelverschwendung …  

Viele kreative Treffen über Inhalte, Form und Layout haben an den Schultischen des Privaten Lehrinstituts Eberhardt stattgefunden, bevor der Neustadt-Anzeiger schließlich in die Räume der Sozialen Stadt umzog. Der Umfang der Zeitung stieg von vier auf acht Seiten.  

In der Redaktion können Menschen aller Generationen und Hintergründe ihre eigene Sicht weise auf ihren Stadtteil einbringen, der mehr denn je von Gegensätzen geprägt ist: Alteingesessene und Neubürger:innen, jung und alt, arm und reich, urig und hipp.  

„Der Mainzer Neustadt-Anzeiger ist mit das beste Beispiel für das bürgerliche Engagement, das die Soziale Stadt fördern möchte“, erklärt Toyah Hosni, die heutige Quartiermanagerin. „Unser Ziel ist die bessere Vernetzung der Menschen untereinander. Der Neustadt-Anzeiger ist aus der Neustadt heraus entstanden und wird für die Neustadt gemacht.“ Die Arbeit mit der Redaktion empfindet sie als sehr abwechslungsreich. „Hier kann ich die Neustadt noch mal neu durch die Augen der Bürgerinnen und Bürger sehen und bekomme auch wiederum Ideen und Impulse, die in die Arbeit der Sozialen Stadt einfließen.“

Umbrüche
Die Neustadt hat sich stark gewandelt in den zwei Jahrzehnten, die wir über sie berichten und sie kommentieren durften. So manch Urtypisches wie Druckerei, Metzgerei oder Uhrmacher ist verschwunden. Eine junge, innovative Szene ist entstanden, nicht nur am Gartenfeldplatz. Gewerbetreibende und Gründer:innen freuen sich über neue Chancen. Viele Menschen genießen die veränderte Kneipen und Cafészene.

Doch so manche Neustadt-Bürger:innen können sich die Miete nicht mehr leisten, Kulturschaffende finden hier kaum noch Räume. Auch für Natur ist vielerorts kein Platz mehr: Das Rheinufer wurde streckenweise hübsch ordentlich versiegelt, ebenso wie neu entstandene und entstehende Bereiche in der nördlichen Neustadt.

Dass mit dem Zollhafen ein ganz neues Viertel aus dem Boden gestampft wurde, dürfte wohl die größte Veränderung darstellen. Die Umgestaltung von Straßen und Plätzen durch die Soziale Stadt sind weitere typische Großprojekte, die wir redaktionell im Fokus haben. Viele Menschen setzen ihre Hoffnungen auf ein weiteres Neustadt-Unikat: die ehemalige Kommissbrotbäckerei, nun Kulturbäckerei genannt, soll nach ihrem Umbau sowohl günstige Wohnungen als auch Räume für Bürger:innen und Kreative bieten. Den langen Weg bis zur Freigabe der ehemaligen Kaserne hat der Neustadt-Anzeiger aufmerksam verfolgt und darüber berichtet.

Doch es sind die Menschen selbst, ihre Ideen, Initiativen und Unternehmen, von denen diese Zeitung wie auch die Neustadt lebt: vom Frauen­ und Männerchor über die Trinkhallenkultur bis hin zum Szenerestaurant. „Die Stadt ist das, was DU draus machst!“ behauptete keck ein Graffito in der Wallaustraße, das inzwischen allerdings auch schon wieder verschwunden ist.

Was wir daraus machen
Nicht nur die Neustadt ist im stetigen Wandel, sondern auch die Redaktion dieser Zeitung. Manchmal finden intern spürbare Wechsel statt, etwa wenn mehrere Mitarbeiter:innen in eine andere Stadt ziehen oder aus privaten Gründen aussteigen. Im aktuellen Team sind einige schon lange Zeit dabei ‒ drei sogar von Anfang an! ‒, andere sind ein oder zwei Jahre geblieben. Willkommen ist, wer über die Neustadt schreiben kann und möchte.

Der Mainzer Neustadt-Anzeiger ist auf jeden Fall das, was wir alle daraus machen: Bei uns gibt es keinen Chefredakteur, der sagt, wo’s lang geht. Journalistische Erfahrung ist von Vorteil, aber keine Bedingung. Von der Idee bis hin zum Layout gestaltet die Redaktion ‒ die übrigens ehrenamtlich arbeitet ‒ ihre Inhalte selbst.

Und die Inhalte, das sind die Menschen und die Orte in der Neustadt.

Seit 20 Jahren wird über das abwechslungsreiche Angebot und das lebendige Miteinander in der Neustadt berichtet. Spannende Artikel, eindrucksvolle Geschichten und auch der Blick hinter die Kulissen der vielfältigen Mainzer Neustadt – der Neustadt-Anzeiger informiert, vernetzt und bereichert die Leser:innen!

Ich freue mich, dass gemeinsam mit dem Quartiermanagement ein solch einzigartiges Medium im Stadtteil entstanden ist und über einen solch langen Zeitraum besteht. Zum runden Geburtstag gratuliere ich dem Neustadt-Anzeiger herzlich und bedanke mich bei allen Redakteur:innen für ihre gelungene Arbeit. Das Jubiläum zeugt von starker Motivation, guter Teamarbeit und natürlich journalistischem Können seitens der Redaktionsmitglieder. Der Neustadt-Anzeiger ist ein großartiges Beispiel für Bürgerschaftliches Engagement und ich freue mich auf viele weitere spannende Berichte und kommende Ausgaben.

Dr. Eckart Lensch

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