Seite 3 - Mainzer Neustadt-Anzeiger

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Mehr Klimaschutz für die Neustadt
Grünachsen sollen helfen



(ki) Die Neustadt wächst. Das zeigt nicht nur die Ende 2023 erreichte 30.000er Einwohnermarke. Unübersehbar ist das auch an neuen Quartieren wie etwa dem Zollhafen oder in der nördlichen Neustadt rund um den Karoline-Stern-Platz. Zudem wird der gesamte Stadtteil zunehmend verdichtet. Unübersehbar ist aber auch, was jeweils nicht wächst: Bäume,Büsche, blühende Grünstreifen.

Marcel Weloe vom BUND Mainz (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.) stellt fest: „Die Mainzer Innenstadt ist mit Grünflächen deutlich unterversorgt. Wir kommen auf ca. 4 Prozent Anteil öffentlichen Grüns an der Stadtfläche.“ Bestätigt wird in der Biodiversitätsstrategie der Stadt, dass Mainz damit „im Vergleich zu anderen Großstädten im hinteren Feld liegt". Laut „Masterplan 100 % Klimaschutz“ der Stadt ist „gerade die Innenstadt in Mainz […] massiv überbaut, dort fehlt es an attraktiven Grünflächen“.

Bessere Lebensqualität für alle
Schon 2021 initiierte die Initiative MainzZero ein Bürgerbegehren zur Klimaneutralität, das von 13.000 Menschen getragen wurde. Teil des breiten Forderungskatalogs sind Grünachsen für alle Stadtteile.

Das zugrundeliegende Konzept, das von der Radgruppe des Bündnispartners BUND Kreisgruppe Mainz erarbeitet wurde, beschreibt Grünachsen als „entsiegelte, begrünte und verkehrsberuhigte Straßenzüge, die Stadtteile durch ziehen und vorhandene Grünflächen strategisch verbinden“.

Wer fände das nicht wünschenswert: zu Fuß oder auf dem Rad den Kfz-Verkehr meiden zu können, bessere Gesundheit durch weniger Lärm und Luftverschmutzung, kühle und geschützte Aufenthaltsräume in heißen Sommern durch Entsiegelung und Begrünung von Flächen, Naturerleben vor der Haustür, denn verbundene Biotope sind ein wichtiger Beitrag zum Artenschutz. Durch Grünachsen verlaufen sichere Schulwege, sie laden zu Spaziergängen ein, bieten Platz für Außengastronomie, und durch eine verbesserte Aufenthaltsqualität kann schließlich auch der Einzelhandel gewinnen. So werden sie zu Orten vielfältiger Begegnung.

Marcel Weloe ist Ansprechpartner für die Grünachsen beim BUND. Für den promovierten Chemiker, der ehrenamtliches Vorstandsmitglied ist, ist deren Realisierung ein Herzensprojekt: „Hier geht es um so viele Aspekte. Wir haben das Thema Umwelt- und Naturschutz, aber auch ein soziales und das Verkehrsthema“, führt er aus, „und alle hängen miteinander zusammen“. Weloe ist sich aber auch der Problematik der Vermischung unterschiedlicher Verkehrsteilnehmender mit teils konkurrierenden Bedürfnissen bewusst. So sind Grünachsen nicht etwa vorrangig Fahrradwege. Es müssen natürlich Anwohnerzugänge sowie Anfahrtsmöglichkeiten für Rettungsfahrzeuge sichergestellt sein und die angrenzenden Straßen dürfen nicht zusätzlich durch Ausweichverkehr und -parken belastet werden. Das alles ist Teil eines umfassenden Verkehrskonzeptes, das bereits vorliegt. „Ebenso müssen etwa die Planungen für Schnellradrouten, für den Ausbau der Straßenbahn und ganz praktisch auch die Lage unterirdischer Versorgungs- und Entsorgungsleitungen berücksichtigt werden“.

Beschlossene Sache
In den Stadtratsbeschluss vom 24. November 2021 wurden die Grünachsen bereits aufgenommen: Die Verwaltung möge mit Ortsbeiräten, Bürgerinnen und Bürgern Straßen, Plätze und Flächen für Entsiegelungen und Grünachsen sammeln. Das in dem Beschluss formulierte Ziel: „… das Stadtgebiet gegenüber dem sich verschlechternden Klima resilient zu machen und die Aufenthaltsqualität zu erhöhen“. Im „Masterplan 100 % Klimaschutz“ 2022 sind „Lebenswerte Straßen und Grünachsen“ gar als Sofortprogramm festgeschrieben.

Sprich: Maßnahmen wie Grünachsen sind geeignet, notwendig und beschlossene Sache, um die Stadt und das Leben darin widerstandsfähiger gegen die Auswirkungen des Klimawandels zu machen.

Wie steht es aber mit der Umsetzung der Maßnahmen durch die Stadtverwaltung? Die Ungeduld der Aktiven wie auch der Bürgerinnen und Bürger nimmt zu. Bis Ende 2023 sollte die Ausweisung geeigneter Straßenzüge für Grünachsen erfolgen, nur ist bisher wenig passiert. Anfang Februar 2024 wurde Oberbürgermeister Nino Haase und Janina Steinkrüger, Dezernentin für Umwelt, Grün, Energie und Verkehr, daher erneut eine Petition übergeben, in der die Bürgerinitiative Mainz Zero, unterstützt von zehn weiteren Organisationen, unter anderem fordert: „Schaffen Sie mit besonderer Priorität Grünachsen, welche die Plätze der Mainzer Neustadt (Bismarckplatz, Goetheplatz, Sömmerringplatz, Feldbergplatz, Frauenlobplatz, 117er Ehrenhof, Lessingplatz, Gartenfeldplatz und Bonifaziusplatz, Hauptbahnhof) miteinander verbinden.“

Umsetzung langwierig
Janina Steinkrüger antwortet auf Anfrage: „Die Landeshauptstadt Mainz hat die Unterschriftensammlung von Mainz Zero gerne entgegengenommen, denn wir sind uns der besonderen Bedeutung von Grünachsen bewusst.“ Allerdings mache die Umsetzung komplexe Planungen notwendig und sei daher ein langwieriger Prozess. Sie verweist als kurzfristige und temporäre Lösung auf die Meenzer Sommerstraßen, wie sie 2023 in der Adam-Karrillon-Straße und in der Sömmerringstraße umgesetzt wurden und die die Stadt auch dieses Jahr wieder anbietet.

Unabhängig davon werde die Stadtverwaltung „diese Idee bei der Entwicklung des ,Sustainable Urban Mobility Plans‘, des nachhaltigen städtischen Mobilitätskonzeptes, mitdenken und prüfen, in welchen Straßenzügen sich Grünachsen anbieten“.

Nach einem Sofortprogramm klingt das nicht. Es ist dennoch zu hoffen, dass sich Stadt- und Ortsverwaltung zusammen mit den Neustadtbürgerinnen und -bürgern schnell dieser gemeinschaftlichen Zukunftsaufgabe annehmen.


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