Seite 3 - Mainzer Neustadt-Anzeiger

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„Eine Straße der Zukunft“
Die Boppstraße im neuen Gewand



(ab) Alle Sperrgitter sind entfernt, der letzte Fahrbahnasphalt ist gegossen, die Straßenmarkierungen sind fertig gezogen. Der Blick kann von nun an ungehindert von der Kaiserstraße zum Kaiser-Wilhelm-Ring und zurück schweifen. Knapp drei Jahre hat der Umbau der wichtigsten Geschäftsstraße der Neustadt gedauert. „Es war ein Marathon für alle Beteiligten, kein Sprint“, beschreibt Johanna Fuchs die Umgestaltung. Denn der Weg vom Start im Juni 2019 bis heute war nicht immer leicht: Teil- und Vollsperrungen, Baulärm und Abgasgestank der Baufahrzeuge, Unwetter und Corona zerrten an den Nerven aller.

Johanna Fuchs ist als Quartiermanagerin neben der Kommunikation zwischen Stadt und ausführenden Bauunternehmen zuständig für den Informationsaustausch mit den Anwohnenden und Gewerbetreibenden. In der Baustellensprechstunde wie auch in persönlichen Gesprächen erläuterte sie die jeweils nächsten Schritte bei den Baumaßnahmen. Plakat- und Fotoaktionen des Gewerbevereins und das Baustellenmaskottchen „Eule Eduard“ zeigten den Vorübergehenden die trotz allem geöffneten Läden und unterstützten damit die Geschäftsleute. „Betroffene zu Beteiligten machen“ war eines der Ziele der Aktionen.

Eine harte Zeit ist zu Ende – oder nicht?
Ein „Urgestein“ unter den Gewerbetreibenden ist Günter Schmidt. Im nächsten Jahr feiert er das 50-jährige Bestehen seines „Electronic“-Geschäfts in der Boppstraße 62-64. Dem Umbau hat er mit großen Bedenken entgegengesehen. Sie wurden durch Corona noch verstärkt. „Licht und Ton sind meine Haupt einnahmequelle“, erläutert er. „Im Lockdown sind alle Veranstaltungen storniert worden.“ Durch den Wegfall von Parkplätzen kämen nun weniger Kunden zu ihm und würden lieber im Internet bestellen, das erschwere ihm das Überleben. Aber, so gibt er zu, die Straße sei wirklich schön geworden.

Am Anfang der Boppstraße führt Familie Toujouti zwei Geschäfte: in Nummer 9a die „Papier-& Stiftecke“ mit integrierter Postfiliale und in Nummer 28 den „Computer Planet Mainz“ (CPM). Die Mitteilung vom Umbau nahm Raschida Toujouti mit zweierlei Gefühlen auf: Da war einerseits die Freude auf die Verschönerung der Straße, zum anderen aber auch die Sorge, wie die Kundschaft auf die Einschränkungen reagieren und ob der Zeitplan eingehalten würde. Besonders die Postfiliale stand vor größten Herausforderungen wegen der zeitweiligen Absperrungen aller Parkmöglichkeiten für die Paketfahrer, die mehrmals am Tag Waren liefern und abholen.

Voll des Lobes ist Familie Toujouti für den Baustellenleiter und seine Arbeiter. „Sie hatten ein offenes Ohr für die Probleme der Geschäftsinhaber. Die Arbeiten, die direkt vor der Ladentür gemacht werden mussten, wurden intensiviert, um die Zugangsbeschränkungen zeitlich zu minimieren.“ Auch Familie Toujouti hält die Ladezonen für die Anlieferer für nicht ausreichend. Erschwert werde die Situation durch das dreiste Verhalten von Autofahrer:innen, die diese Bereiche sogar als Dauerparkplatz benutzen. „Die Stadt sagt uns: ‚Es gibt genug Ladezonen‘, aber dann müssen sie auch freigehalten werden“, betont sie.

Eine Flaniermeile in unserem Quartier
Die Einkaufsstraße mit den neuen breiten Gehwegen und den zahlreichen Bänken soll auch zum Flanieren und Rasten einladen. „Die Menschen werden sich gerne in der Boppstraße aufhalten“, davon ist die Quartiermanagerin überzeugt. „Durch die Umgestaltung ist das gesamte Ambiente heller, freundlicher und offener geworden. Außerdem hat die Gastronomie mehr Platz für die Außenbestuhlung bekommen.“ Als „i-Tüpfelchen“ sehen Johanna Fuchs und ihre Kollegin Toyah Hosni den „Neustadt-Pavillon“ am Ende der Boppstraße. Diese kleine Attraktion war vormals die „Eulchen“-Trinkhalle, die die Soziale Stadt Anfang des Jahres übernommen hat (siehe S. 7).

Ein Grund zur Freude
Die neugestaltete Boppstraße wird am Montag, dem 2. Mai, ab 11 Uhr offiziell eingeweiht. Der Innenminister von Rheinland-Pfalz, Roger Lewentz, und Oberbürgermeister Michael Ebling haben sich dazu angekündigt. Treffpunkt für alle Neustädter:innen ist – was könnte treffender sein – der „Neustadt-Pavillon“!

Die Quartiermanagerinnen wünschen sich, dass die Menschen mit der Neugestaltung ihres Lebensraumes in der Neustadt achtsam und rücksichtsvoll umgehen. So sollen die Gehwege den Fußgänger:innen, den Anwohnenden und den Einkaufenden vorbehalten sein, nicht den Radfahrenden, und sie sollen frei bleiben von parkenden Autos. Mit diesen Wünschen stehen sie sicher nicht allein. Raschida Toujouti glaubt, dass sich die Verschönerung auch auf die Geschäfte auswirkt: „Wir alle sind eine Gemeinschaft, und wir sind glücklich, wenn es uns allen gut geht. Die Boppstraße ist eine Straße der Zukunft.“

Der nächste Schritt
Das Schlüsselprojekt Boppstraße wird im Rahmen des Städtebauförderprogramms Soziale Stadt/Sozialer Zusammenhalt durchgeführt. Es basiert auf einem Integrierten Entwicklungskonzept. Der nächste Schritt ist die Umgestaltung des Bonifaziusplatzes inklusive der Kirchenfläche und der Bonifaziusstraße. Auch hier werden Räume zum Verweilen geschaffen, die dem Wohl der Menschen dienen.

Die Neustadt – jung, alternativ und umweltbewusst
Tipps für Gäste, frisch Zugezogene und solche, die es werden wollen

(jm) Die Neustadt hat sich im Laufe der vergangenen Jahre, ähnlich wie ihre Bewohner, stetig verändert und angepasst. Vertrautes ist erhalten geblieben, aber auch Neues ist hinzugekommen und hat unseren Stadtteil bereichert. Vermehrt zieht es beispielsweise Studierende und junge Familien in die Neustadt, was sich natürlich auf das kulturelle und gastronomische Angebot aus wirkt. Inzwischen haben sich viele trendige Hotspots und Insidertipps entwickelt, die besonders für junge Bewohner der Neustadt auf keinen Fall in der engeren Auswahl fehlen dürfen. Damit ihr euch im Stadtteil besser orientieren könnt und euren Lieblingsladen nicht erst nach drei Semestern durch Zufall findet, haben wir euch im Folgenden eine Checkliste zusammengestellt, mit der ihr einige der coolsten Orte und Geschäfte findet, die die Neustadt zu bieten hat.

Rund um den Gartenfeldplatz
Der Gartenfeldplatz hat sich zum indirekten gastronomischen Zentrum für junge Leute in der Neustadt entwickelt. Rund um den Platz reiht sich hier Lokal an Lokal. Wer Lust auf vegetarische oder vegane Kumpir mit diversen Toppings hat, bestellt im „Schrebergarten“ eine dampfende Ofenkartoffel mit hausgemachter Limonade. Wenn es stattdessen lieber italienisch sein soll, empfiehlt sich zum Beispiel ein leckeres Stück Pizza mit Kürbis-Ricotta oder Kartoffel-Rosmarin bei „Cremina“. Zum Nachtisch geht es dann besonders im Sommer gleich zu „N’Eis“, eine der renommiertesten Eismanufakturen der Stadt, wo ihr Eis aus natürlichen und regionalen Zutaten auch in kreativen Geschmackssorten wie Cashew-Basilikum oder Schoko-Chili bekommt.

Kuchen, Frühstück, Brunch und Tatort
Ob nur für einen schnellen Kaffee am Morgen
oder für ein ausgedehntes Frühstück, die Neustadt hat einiges zu bieten. Am Gartenfeldplatz gibt es im Café „Annabatterie“ verschiedene Kaffeespezialitäten sowie frisch gebackene Kuchen, Torten und andere süße Snacks. Auch Veganer:innen wird hier schnell fündig. „Nelly’s“ in der Josefsstraße eignet sich wiederum perfekt für ein ausgiebigeres Frühstück. Natürlich gibt es diverse Heißgetränke und selbstgemachte Kuchen und sogar den Tatort-Krimi könnt ihr euch hier sonntags ansehen. Zusätzlich zu Frühstück, Brunch, Kaffee und Kuchen bietet euch das „Möhren Milieu“ in der Adam-Karrillon-Straße frische Smoothies und vegane Bowls für die extra Portion Avocado. Fairtrade und Nachhaltigkeit werden hier natürlich großgeschrieben.

Bier, Wein und Döner
Der schnelle Snack nach dem Feiern, ein Bier mit Kommilitonen oder die gemütliche Weinschorle am Abend, für all das eignet sich die Neustadt natürlich ebenfalls bestens. Mit urigem Retro-Stil und jungem Publikum punktet die Bar „Krokodil“ am Sömmerringplatz. Hier lässt sich der Abend in Gesellschaft bei einem Bier oder einer Weinschorle hervorragend ausklingen. Wenn ihr euren Wein stattdessen eher in gehobenerem Ambiente genießen oder jeman den zu einem Date einladen wollt, solltet ihr der Weinbar „Laurenz“ in der Gartenfeldstraße einen Besuch abstatten. Auf dem Weg nach Hause empfiehlt sich dann für den späten Hunger noch ein Abstecher zu „Dönerstag“, dem wohl bekanntesten Dönerladen der ganzen Stadt.

Mainz-Neustadt oder „Berlin-Friedrichshain am Rhein“?
Normalerweise ist es Berlin, das dafür bekannt ist, noch ein bisschen bunter und alternativer als andere Städte zu sein. Szenecafé reiht sich hier bekanntermaßen an Szenecafé. Der kleine Straßenverkauf einer veganen Macaron-Manufaktur steht direkt neben dem neonfarbenen Späti und auf dem Platz gegenüber wird ein spontaner Second-Hand-Markt aufgebaut. Wenn ihr in der Mainzer Neustadt wohnt, solltet ihr mit dieser Szenerie und dem Publikum ebenfalls bald bestens vertraut sein und werdet euch, vermutlich mit Foucault oder Brecht, auf die Wiese im Goethepark legen, während ihr euren Hafer-Cappuccino guten Gewissens aus einem Mehrwegbecher genießt und beobachtet, wie eine Gruppe Studierender eine Slackline zwischen zwei Bäumen aufspannt. Was Berlin kann, das kann die Neustadt schon lange.

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