Seite 5 - Mainzer Neustadt-Anzeiger

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Mehr als ein Kiosk
Fatih Bektas punktet mit viel Herzlichkeit

(am) Das westliche Ende der Wallaustraße war bislang eine eher öde Ecke. Mit dem Bau des neuen Quartiers rund um den Karoline-Stern-Platz ändert sich das aktuell. Die Gegend belebt sich und erwacht aus ihrem Dornröschenschlaf. Dies hat auch Fatih Bektas erkannt und zugegriffen, als er in dem Neubau Wallaustraße 100 ein leeres Ladengeschäft bemerkte. Er bewarb sich mit einem Kiosk-Konzept beim Vermieter und erhielt den Zuschlag. Seit einem guten Jahr stehen er und seine Frau Fulya täglich in ihrem Laden. Die beiden konnten sich in dieser Zeit eine Stammkundschaft aufbauen, die aus Nachbarn aus dem Viertel und Arbeitern von den Baustellen rund um die Wallaustraße besteht. „Wir wollten nicht den klassischen Kiosk machen, sondern etwas Besonderes schaffen“, sagt Bektas. Großen Wert legt er nicht nur auf ein exklusives Angebot sondern auch auf Ordnung und Sauberkeit. Neben Kaffee, frischen Backwaren, Würstchen, Eis, Softdrinks, alkoholischen Getränken und Tabak können Kundinnen und Kunden auch ein Grundsortiment an Lebensmitteln kaufen.

Hilfsbereitschaft gehört dazu
Mit ihrer Kundschaft pflegen die freundlichen Ladenbetreiber ein herzliches Verhältnis. Es bleibt immer Zeit für einen kleinen Plausch. „Wir kennen unsere Kunden sehr gut“, sagt Fulya Bektas. So ist der Kombi-Shop auch zur Anlaufstelle für diejenigen geworden, die Hilfe beim Ausfüllen von amtlichen Schreiben brauchen, oder deren Auto liegen geblieben ist. Fatih Bektas kümmert sich dann auch schon mal um ein Starterkabel. Für einen gehbehinderten Nachbarn, der seine Wohnung im Nebenhaus nicht verlassen kann, weil der Aufzug kaputt ist, trägt er die Einkäufe nach oben. Das junge Ehepaar hakt aktiv nach, was die Kundschaft wünscht. Als ein Kunde nach einem bestimmten Bier aus Berlin verlangte, das es bislang in Mainz nicht zu kaufen gab, hat Fatih Bektas so lange nachgeforscht, bis er es auftreiben konnte. Es gehört nun zum Sortiment, zusammen mit vielen Bieren aus der ganzen Welt. Künftig wird der Aufenthalt im Shop noch angenehmer: Bektas wartet auf die Genehmigung des Ordnungsamts, um vor dem Laden Tische und Bänke aufzustellen.


50 Jahre Schmidt electronic - aber wie lange noch?
Nachfolge dringend gesucht

(sl) Schmidt electronic und die Neustadt, zwei Dinge, die einfach zusammengehören und auch zusammenbleiben sollten. Aber mit 73 Jahren fühlt auch Inhaber Günter Schmidt langsam die Spuren des Alters und es wird – seiner Meinung nach – Zeit, sein Traditionsgeschäft in jüngere Hände abzugeben. Bisher ist die jahrelange Suche nach einem geeigneten Nachfolger leider erfolglos geblieben. „Es muss nicht der Supertechniker sein“, sagt Schmidt und ermutigt die Bewerber:: „Ich würde natürlich auch bei der Einarbeitung helfen.“ Dann folgt der Aufruf: „Lange kann ich das hier alles nicht mehr machen. Auch meine Frau fragt mich immer, wann ich hier endlich Schluss mache! Also bitte, bei Interesse an einer Nachfolge, keine Scheu, einfach fragen oder eine Mail schreiben!“ Aus gegebenem Anlass ein paar Informationen zu diesem – nicht nur in Mainz – einzigartigen Geschäft.

Antennen für Afrika
Im Mai 1973 hat Günter Schmidt zusammen mit seinem Bruder Wolf-Dieter sein erstes Geschäft in einem nur 16 qm großen Ladenlokal in der Boppstraße eröffnet, jedoch nicht an der heutigen Adresse. Vier weitere Umzüge, drei davon innerhalb der Neustadt, folgten, bis schließlich 1990 im Haus Boppstraße 62-64 der endgültige Standort gefunden wurde.

Ein bewegtes Leben, nicht nur wegen der vielen Umzüge, sondern auch wegen der interessanten Aufträge, die er als HiFi- , Funk- und Elektronikspezialist weltweit ausgeführt hat: solarbetriebene Funkanlagen in Afrika, Babyfon-Anlage für ein spanisches Feriendorf, 5000
Teleskopantennen für den Sultan von Brunei, Foto-Sensoren für Mainzer Gaslaternen und vieles andere mehr.

Wer mehr über das interessante Berufsleben von Günter Schmidt erfahren möchte, sollte seine Webseite anklicken!

Warum die Pfitznerstraße umbenannt wurde
(sk) Wer durch die nördliche Neustadt geht, dem wird vielleicht schon aufgefallen sein, dass über dem Straßenschild der Pfitznerstraße seit einigen Monaten ein zusätzliches Straßenschild mit dem Namen Martin-Büsser-Straße hängt und dass Pfitznerstraße mit Klebeband durchgestrichen ist.

Dies beruht auf einem Beschluss des Orts bei rates, der 2022 eine Empfehlung der Arbeits gruppe „Historische Straßennamen“ des Stadtrates Mainz umgesetzt hatte. Ziel dieser Arbeitsgruppe ist es, historisch belastete Straßennamen zu überprüfen und den Ortsbeiräten der Mainzer Stadtteile, Vorschläge zu machen, wie mit den Namen umzugehen sei.

Auch die Pfitznerstraße stand auf der Vorschlagsliste der Arbeitsgruppe. Der Komponist und Publizist Hans Erich Pfitzner (1869-1949) war glühender Anhänger Adolf Hitlers und Anti semit und verteidigte auch noch nach 1945 in seinen Schriften die Gräueltaten des NS-Regimes.

Suche nach Ersatz
Im Ortsbeirat wurden verschiedene Namen als Ersatz für die Pfitznerstraße diskutiert. Konsens bestand darin, dass der neue Straßenname ins „Komponistenviertel“ passen sollte. Da gegenwärtig nur wenige Straßen in der Neustadt nach Frauen benannt sind, standen unter anderem auch die Komponistin Clara Schumann, die Mainzer Musikpädagogin Catharina Haas oder Esther Bejarano, Musikerin aus dem Häftlingsorchester Auschwitz-Birkenau, in der engeren Auswahl.

Schlussendlich fiel die Wahl auf den Mainzer Autor und Musiker Martin Büsser (1968-2010) und auch Mitbegründer des immer noch in der Neustadt ansässigen Ventil Verlags. Die Mehrheit des Ortsbeirates folgte der Argumentation, „dass Martin Büsser unabhängig des Geschlechtes für sein Wirken in der Neustadt die bessere Wahl darstelle“.

Multitalent aus Mainz
Büsser studierte an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz und war ab Mitte der 1990er als freier Journalist tätig, unter anderem für die Süddeutsche Zeitung, Die Wochenzeitung, kon kret oder Emma. Seine Schwerpunkte lagen auf Popkultur, Musik, Film und zeitgenössischer Kunst – hauptsächlich jenseits des Massen geschmacks. In seinen Schriften kritisierte er häufig die rechten Tendenzen in der Popmusik.  

Der Autor war Mitbegründer und -herausgeber der Buchreihe „testcard – Beiträge zur Popgeschichte“, aus der dann 1999 durch einen Zusammenschluss mit dem Verlag Jens Neumann der Ventil Verlag hervorging. Büsser war außerdem Musiker und in Mainz als Konzertveranstalter tätig. 2010 starb er im Alter von 42 Jahren an den Folgen einer Krebserkrankung

Die doppelte Beschilderung der Straße soll noch ein Weile fortbestehen, solange bis sich die Post und Lieferdienste an die Umstellung gewöhnt haben und wissen, wohin sie Sendungen ausliefern müssen. Anwohnerinnen und Anwohner müssen die Änderungen ihrer Personalausweise übrigens nicht bezahlen, die Kosten werden von der Stadt Mainz übernommen, da die Adressänderung von ihr ausging.

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